„Ich mach‘ mir die Welt, Widdewidde wie sie mir gefällt“ – das wusste schon Pippi Langstrumpf im Jahr 1969. Und genau diesem Schema bedient sich auch die digitale Werbewelt: Denn bezahlte Anzeigen auf Social Media werden nicht jeder Person ausgespielt. Zielgruppengerechte Werbeschaltungen sind das A und O im heutigen Marketingmix. Sie gehören zu einer durchdachten Strategie – wie Herr Nilson und Kleiner Onkel zu Pippi.
Doch wie verschieden werden bezahlte Beiträge wirklich in unserem Feed platziert? Bekommen ein Mann und eine Frau komplett unterschiedliche Anzeigen zu sehen? Wie wirken sich Familienstand, Beruf oder persönliche Interessen und Vorlieben auf die eigene Werbewelt aus? Um das genau unter die Lupe zu nehmen und die Algorithmen besser zu verstehen, starteten wir einen Selbstversuch. Aber alles auf Anfang.
Der Algorithmus als Sortierwerk
Algorithmen sortieren in jedem Sozialen Netzwerk Inhalte aus, filtern sie nach den Interessen der User*innen und machen somit die digitale Welt für Jeden und Jede noch spannender. Egal ob Facebook, Instagram oder TikTok: Mathematische Programme im Hintergrund versuchen für uns nur die Inhalte zu zeigen, die uns auch interessieren – und das nicht nur bei bezahlten Beiträgen. Organische Postings werden ebenfalls aussortiert. So erhalten Personen, die mehrmals täglich auf den Social Media-Plattformen unterwegs sind, viel mehr neue Inhalte ausgespielt, als die, die nur einmal am Tag die Netzwerke öffnen.
Zielgruppengerechte Ads auf Social Media
Um den Algorithmen das Filtern zu vereinfachen und potentielle Kund*innen ohne Umwege zu erreichen, kann die Zielgruppe bei Werbung auf Social Media explizit ausgewählt und genauestens bestimmt werden. So wird das ausgegebene Budget zielgerecht eingesetzt und Streuverlust vermindert. Je genauer Interessen und zusätzlich demografische Werte eingegrenzt werden, desto spitzer wird die Zielgruppe. Diesen Vorteil sollte sich jedes Unternehmen zu Nutze machen. Wie genau bzw. wie verschieden die Ads dennoch platziert werden, zeigt unser Selbstversuch.
Das Experiment
Über vier Tage lang, sammelte und beobachtete die digitale Crew aus Vorarlberg Werbeanzeigen und Ads auf Social Media. Etliche Screenshots und ein Wochenende später war klar: Social Media knows us best!
Obwohl sich die fünf Personen teilweise mit Interessen, Alter und Familienstand überschneiden, wurden sie mit komplett verschiedenen Ads konfrontiert. So erhielten beispielsweise nur die Herren Werbung für Sportwetten, dafür waren Anzeigen für coole Handyhüllen bei allen Damen richtig platziert. Eh klar? Fast, denn hier stimmten zufälligerweise die stereotypen Interessen bei beiden Geschlechtern. Es ist dennoch möglich, dass auch Frauen Anzeigen für Wetten und Sport erhalten, es geht lediglich um das Interesse.
Generell können wir sagen, dass der Faktor „Geschlecht“ für eine gute Zielgruppe nicht ausreicht. Klar, wenn ich Produkte für Damenhygiene verkaufe, ist meine Hauptzielgruppe weiblich. Aber bei vielen Themen müssen die Zielgruppen tiefer und besser angelegt sein – je genauer, desto besser. So sind Interessen wie „Wintersport“ noch zu oberflächlich als Faktor, jedoch Freeride schon spezifischer.
Bei einem Thema haben wir besonders die eigenen Interessen bzw. persönlichen Vorlieben der Testpersonen sehr gut erkannt bzw. unterschieden: Fashion! Mode und Kleidung brauchen Frauen und Männer jeden Alters zugleich. Ob neue Sneaker, Laufschuhe oder Sandalen für den nächsten Sommerurlaub – es hängt vom Surfverhalten und den bereits bestehenden und Sozialen Medien bestens bekannten Interessen ab.
Shops, die Artikel für beide Geschlechter führen, wollen ihre Produkte meist gleichermaßen verkaufen. Dabei werben sie mit verschiedenen Anzeigen. Sie zeigen unterschiedliche Kleidungsstücke und catchen so ihre potentiellen Käufer*innen. Es lohnt sich also, bei unterschiedlichen Produkten mehrere Anzeigen zu schalten.
Kenne deine Zielgruppe
Wie gut unsere Sozialen Netzwerke uns kennen und was sie alles über uns wissen, ist uns spätestens nach unserem Experiment noch bewusster geworden. Wir scrollen nach unserem Selbstversuch über Werbeanzeigen schneller drüber und wischen gesponserte Storys noch aktiver weg – um den Algorithmen nicht die Möglichkeit zu geben, uns noch besser kennenzulernen. Dennoch sehen wir die eigens auf uns angepassten Anzeigen aus reiner Marketing-Sicht als einen großen Pluspunkt, denn potentielle Kund*innen fühlen sich so noch wohler in ihrer eignen Welt der Sozialen Netzwerke. Wir müssen uns nicht mehr Werbung ansehen, die uns nicht interessiert. Marken, Shops und Unternehmen zeigen uns genau das, was wir sehen wollen. Unser Fazit also: Kenne deine Zielgruppe und bespiele sie so genau wie möglich.
Als begeisterte Marketer*innen und Social Media-Lover sind wir von den Möglichkeiten, die uns Ads und Werbeschaltungen in Sozialen Netzwerken bieten absolut begeistert. Der Fakt, dass uns Instagram und Co wahrscheinlich besser kennen, als unsere besten Freund*innen rückt dabei fast in den Hintergrund.
📸 Titelbild: JOSHUA COLEMAN on Unsplash