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Ich-Gefühl vs. Wir-Kultur – und wie die Kommunikation sich darauf einstellen kann

Individualisierung

Unsere Welt ist im Wandel, auch die Ansprüche an die Kommunikation ändern sich.

PR-Profis nehmen die Herausforderung an und stellen sich neuen Handlungsfeldern, die sich durch den Trend der zunehmenden Individualisierung ergeben.

Die zunehmende Individualisierung in unserer Gesellschaft stellt Selbstverwirklichung, persönliche Wahlfreiheit und Selbstbestimmung in den Fokus – gleichzeitig steigt die Bedeutung des Ichs im Kontext seiner Umwelt und verschiedener Gemeinschaften.

 

Neue Sensibilität: die passende Sprache und Tonalität

Philosophin Svenja Flaßpöhler nimmt sich in ihrem Buch „Sensibel“ dieses Phänomens an – der zunehmenden Sensibilisierung des Selbst und der Gesellschaft: „Ob MeToo oder Black Lives Matter, ob die Debatten über gendergerechte Sprache, Trigger-Warnungen oder Meinungsfreiheit, ob der Kampf um Anerkennung benachteiligter Gruppen oder die Empfindlichkeiten jener, die um den Verlust von Privilegien fürchten: Offenbar sind wir mehr denn je damit beschäftigt, das Limit des Zumutbaren neu zu justieren.“

Problematisch sieht sie die Unversöhnlichkeit, mit der sich einzelne Gruppen hier im öffentlichen Diskurs bewegen und sich gegenseitig vorwerfen, entweder hypersensible „Schneeflocken“ oder auf der anderen Seite verletzend und beleidigend zu sein. Am Ende resümiert sie: Die Resilienz ist die Schwester der Sensibilität. Die Zukunft meistern können sie nur gemeinsam.

Die Herausforderungen für die Kommunikation sind mannigfaltig: PR-Profis müssen auf einzelne Gruppen eingehen und den richtigen Ton treffen, gleichzeitig andere nicht ausschließen oder verärgern – das erfordert auch in Zukunft viel Sprach- und Fingerspitzengefühl.

 

Daten: Die neue Währung hat ihren Preis

Im Internet und den sozialen Medien erhalten wir viele Inhalte gratis? Stimmt nicht ganz, denn wir zahlen mit einer neuen Währung – unseren persönlichen Daten. Dazu zählen beispielsweise demografische Daten wie Geschlecht, Alter oder Bildungsgrad, besonders wichtig sind aber unsere persönlichen Interessen, vor allem im Konsumverhalten. Während Harvard-Ökonomin Shoshana Zuboff vor Überwachungskapitalismus und der wachsenden Macht von Google, Meta & Co. warnt, schätzen Mediaspezialist*innen und Online-Marketing-Profis die Vorteile der individuellen Kundenansprache.

Michael Grafenberger, Geschäftsführer artworx, zählt zu den Befürworter*innen zielgerichteter Online-Werbemittel und begründet das so: „Werbung im Internet ist so gut wie unausweichlich – sie wird jedoch umso besser angenommen, desto relevanter sie für uns ist. Mit dynamischen Werbemitteln wie Programmatic Advertising können wir diese Relevanz steigern – das bringt Kosteneffizienz für unsere Kunden und hilft ihnen dabei, ihre Zielgruppe besser anzusprechen und auch genauer kennenzulernen.“ Grenzen sieht er beispielsweise in sensiblen Nachrichtenumfelder, in denen über Krieg, Terror oder Todesfälle berichtet wird – dort werden Werbungen nicht ausgespielt und zur Not innerhalb einer Minute rausgenommen.

 

Gen X, Y, Z: Wenn es so einfach wäre

Klischees und Gruppenzugehörigkeiten in der Ansprache will er eher umgehen: „Wir richten uns mehr nach den Interessen der User als nach ihrer Zugehörigkeit wie zum Beispiel ausgewiesenen Communities oder der Generation X, Y, Z. Menschen sind doch viel komplexer mit unterschiedlichen Interessen, als man oft denken mag. Das sehen wir beispielsweise beim Ausspielen von Werbungen in offenen Netzwerken – und empfehlen auch unseren Kunden, sich nicht zu früh auf eine bestimmte Zielgruppe festzulegen.“

 

Unsere Sinngesellschaft: Mitarbeitende finden für neue Arbeitswelten

Purpose ist das Stichwort in aller Munde – der Sinn ist in unserer individualisierten Gesellschaft zum zentralen Wert geworden, auch was die Arbeitswelt betrifft. Mit der laufenden Transformation der Arbeitswelt, die längst im Gange ist, wird laut Philosoph Richard David Precht aus der Erwerbsgesellschaft eine Sinngesellschaft. Es werde nicht mehr als Glückszustand bewertet, eine Arbeit zu haben, denn es komme immer stärker auf die Qualität und die genauen Umstände des Arbeitens an.

„Und dass Arbeit sinnstiftend sein, dass sie einen Purpose haben muss und im Einklang mit der Lebensbalance stehen soll, ist auf den unzähligen New-Work-Konferenzen als Tatsache gesetzt. Anders hingegen sieht es im Bereich des Niedriglohnsektors aus. Diejenigen, die Pakete und Essen ausfahren oder andere Fahrdienstleistungen vollbringen, kommen auf Konferenzen über die Zukunft der Arbeit so wenig vor wie Kindermädchen, Wachpersonal und Kellner. Doch Millionen US-Amerikaner, die nach Corona nicht mehr an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehrten, weisen hier ebenso in die Zukunft wie hunderttausende Lkw-Fahrer und Kellner in ganz Westeuropa, die sich ebenfalls umorientieren“, schreibt Precht in seinem Buch „Freiheit für alle“. Unternehmen müssen sich als Arbeitgeber also dieser Herausforderung stellen und diesen Ansprüchen in Zukunft gerecht werden – besonders in den Branchen, in denen bereits jetzt ein erheblicher Fachkräftemangel herrscht.

 

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Titelbild von Rupert Britton bei Unsplash