ikp | PR Agentur Österreich: Wien Salzburg Vorarlberg Graz

Blog

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Risikomanager

Risikokommunikation

Wie kann man in dieser Welt eine adäquate Risikokommunikation entwickeln und was verstehet man überhaupt darunter? Management-Berater Dr. Franz Fischer, MBA, im Gastkommentar.

Wir leben in unruhigen und sich sehr schnell ändernden Zeiten. Risiken treten ein und werden von anderen Krisen überholt. Katastrophen und Pandemien sind an der Tagesordnung und werden uns in den nächsten Jahren weiterhin begleiten. Wie kann man in dieser Welt eine adäquate Risikokommunikation entwickeln und was versteht man überhaupt darunter? Management-Berater Dr. Franz Fischer, MBA, im Gastkommentar.

Zuallererst muss man Begriffliches trennen. Risikokommunikation ist nicht dasselbe wie Krisenkommunikation, wird aber in der Praxis oft verwechselt bzw. vermischt. Für den Begriff Risiko gibt es unterschiedlichste Definitionen, eine allgemeingültige für den Bereich Wirtschaft bietet jedoch die Normreihe ISO 31000:

Risk is an effect of uncertainty on objectives

Gekennzeichnet ist das Risiko durch Zukunftsbezogenheit, Unsicherheit der Auswirkungen und die formulierten Ziele. Dazu später mehr.

Auch der Begriff der Krise ist umfänglich definiert, unterschiedliche Fachbereiche definieren diesen Begriff unterschiedlich. Eine Krise kann zwischen zwei Menschen auftreten, in einem Unternehmen, aber auch zwischen zwei oder mehreren Ländern. Generell kann man jedoch über alle Begriffsdeutungen sicherstellen, dass eine Krise entsteht, wenn ein Risiko oder mehrere Risiken eingetreten sind oder gerade eintreten. Die Krise ist daher immer den Risiken nachgelagert und ein sog. „AKUT“ Problem, wenn ein Risiko schlagend wird.

Davon ist abzuleiten, dass Risikokommunikation und Krisenkommunikation zwei verschiedene Teilbereiche sind, die jedoch zueinander in Abhängigkeit stehen. Risikokommunikation ist planbar, ereignisunabhängig und universell einsetzbar. Sie kann mit Hilfe geeigneter Methoden und Darstellungsformen dazu beitragen, dass ein allgemein besseres Verständnis von Risiken und deren Zusammenhänge stattfindet.

Gerade in Zeiten der aktuellen Corona Pandemie lässt sich das sehr anschaulich beschreiben. Die Krisenkommunikation über das tödliche Virus ist dann eingetreten, sobald die ersten Fälle von COVID in Europa aufgetreten sind, also ungefähr im Februar 2020, in China jedoch schon ein paar Monate früher. Die Risikokommunikation des Risikos Pandemie gibt es jedoch schon seit vielen Jahren, wie auch der Risikoreport des World Economic Forum zeigt. Seit 2005 ist das globale Risiko Pandemie auf dem Radar dieser Vereinigung und auch heuer ist dieses Risiko für die Zukunft als relativ hoch eingestuft .

 

Ziele der Risikokommunikation

Primäres Ziel der Risikokommunikation auf Unternehmens- aber auch auf Gesellschaftsebene sollte es sein, das Verhalten der Mitarbeiter*innen bzw. der Bevölkerung so zu beeinflussen, dass Schäden aus dem Risikoeintritt mit geeigneten Maßnahmen vermindert bzw. reduziert werden. Dabei sind folgende Funktionen der Risikokommunikation von zentraler Bedeutung:

  • Aufklärung über Risiken
  • Aufbau von Vertrauen in verantwortliche Institutionen
  • Ermöglichung eines Dialogs zwischen den beteiligten Stakeholdern, also allen relevanten Interessengruppen und involvierten Parteien

Anhand eines allgemein gültigen Beispiels soll das Problem mit Wahrscheinlichkeiten, Chancen und Risiken kurz erläutert werden. Roulette Spiele eines Casinos funktionieren auf der ganzen Welt nahezu gleich:

Möchte man auf eine Nummer setzen, hat man 37 verschiedene Möglichkeiten, von 0 bis 36. Die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine beliebige Zahl in einem Spiel bzw. die Chance, in einem Spiel zu gewinnen ist daher 1/37 oder 2,7%. Das Risiko eines Verlusts hingegen ist 36/37 oder 97,3%. Der Auszahlungsbetrag hingegen im Gewinnfall ist das 35-fache des Einsatzes, wenn man den Einsatz als Trinkgeld für den Croupier gibt. Damit reduziert sich der Erwartungswert des Gewinns auf -5,4% des Einsatzes – und das gilt für jedes einzelne Spiel. Wohl gemerkt gelten diese Verhältnisse nur wenn sie dauerhaft gespielt werden, mit einer „unendlichen“ Anzahl von Spielen. Punktuell kann man sehr wohl sehr hohe Gewinne machen, im Schnitt jedoch und langfristig ist der einzige Gewinner im Roulette das Casino.

 

Stolpersteine in der Risikokommunikation

In der Theorie sind diese Beispiele sehr gut nachvollziehbar, es gibt jedoch genügend Stolpersteine in der Praxis zur optimalen Risikokommunikation:

  • Risiko ohne Bezugsrahmen

Jeder kennt es. Die meisten haben es auf ihrem Smartphone – die Wetter App. Aber auch wenn sie nach den Nachrichten im TV das Wetter zu sehen bekommen, folgen Sätze wie: „Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt 70%.“ Oder „Wahrscheinlich wird es morgen zu 70% regnen“ Doch was bedeutet das jetzt konkret? Wird es in den nächsten Tagen zu 70% regnen, also in 7 von 10 Fällen den ganzen Tag oder eben nur 7/10 des Tages – oder mehrmals im gesamten Tagesverlauf? Welches Gebiet ist überhaupt davon betroffen, nur 70% des besprochenen Gebiets oder haben sich 10 Wetterreporter eine interne Umfrage durchgeführt und 7 davon sind der Meinung, dass es morgen regnen wird? Es fehlt der Bezugsrahmen, der bei Wahrscheinlichkeiten eben immer anzugeben ist.

  • Mathematik und Statistik als Grundvoraussetzung

Ist das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten schon herausfordernd genug, so sind die Fundamente – Rechnen mit Statistik und Mathematik – für viele Menschen schon ein „spanisches Dorf“. Das zeigen auch die regelmäßigen Befragungen von Schüler*innen und Student*innen. Regelmäßig landet Mathematik neben Physik und Chemie auf den hintersten Plätzen der Beliebtheitsskala . Das Wort Risiko iZm Mathematik, Stochastik und Statistik kommt in den Lehrplänen des BM für Unterricht und Kunst für BHS nicht einmal vor . Hier ist noch viel Überzeugungs- und Motivationsleistung für das Lehrpersonal nötig, um das Methoden- und Basiswissen bzgl. Chancen und Risiken zu etablieren.

  • Bedingte Wahrscheinlichkeiten:

Ein Beispiel aus der aktuellen Pandemie: Angenommen, die Wahrscheinlichkeit, dass jemand am Coronavirus erkrankt ist, beträgt ungefähr 0,36%, Tendenz steigend. Um Viren vom Typ SARS-CoV-2 nachzuweisen, ist ein PCR Test das Mittel der Wahl. Wenn jemand am Coronavirus erkrankt ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit ca. 90%, dass der Test positiv ausfällt. Wenn jemand jedoch nicht am Coronavirus erkrankt ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit 5%, dass der Test dennoch positiv ist. Angenommen, das Testergebnis der Person ist positiv, dann würde man intuitiv meinen, dass diese Person aufgrund des Tests mit hoher Wahrscheinlichkeit auch tatsächlich am Coronavirus erkrankt ist. Das Gegenteil ist leider der Fall. Aufgrund der unterschiedlichen Bezugsgrößen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass – bei positivem Test – jemand tatsächlich an COVID19 erkrankt ist, nämlich nur bei unter 10%.

  • Chancen versus Risiken

Sobald man Risiken analysiert hat und auch entsprechende Maßnahmen zur Reduktion vorhanden sind, drängt sich zwangsläufig eine Frage auf: Ist es besser das Risiko zu tragen oder die abgeleiteten Maßnahmen umzusetzen? Ist also der Nutzen der Maßnahmen höher als der Schaden im Falle des Risikoeintritts? Diese Gegenüberstellung wird in der Literatur etwas altmodisch mit Güterabwägung bezeichnet. Oft ist diese Güterabwägung nicht sofort erkennbar, sie ist jedoch immer vorhanden, wenn es um die Abwägung von Chancen und Risiken geht. Konkretes Beispiel kann man in Pandemiezeiten verfolgen, unter anderem die aktuelle Diskussion um Nutzen bzw. Schaden von Impfungen und deren Effekt auf die Ausbreitung des COVID-19 Virus.

 

Augen auf bei der Medienwahl

Der Kommunikation von Risiken in Bezug auf unterschiedliche Medien sind naturgemäß sehr unterschiedliche Grenzen gesetzt. Soziale Medien wie zB Twitter eignet sich nicht sehr gut zur Vermittlung von komplexen Zusammenhängen unterschiedlicher Risiken, weil man im Text maximal einen interessanten Link weitergeben kann, aber nicht ausführlich Risiken formulieren kann. Die Darstellung in den sozialen Medien gelingt dann sehr gut, wenn entsprechend gut aufbereitete Videos wie zB von maiLab die komplexen Zusammenhänge von Risiken bei Testergebnissen anschaulich beschreiben.

Massenmedien wie Zeitung, TV und Radio sind ein wichtiger Transmitter für die Verbreitung von Informationen von Risiken an die Bevölkerung. Grundsätzlich besteht dabei das Potenzial, das Wissen um Risikoinformationen transparent und ausführlich wiederzugeben. Damit kann man auch bei verschiedenen Empfängern die Wahrnehmung von Risiken beeinflussen. Wissenslücken und Unsicherheiten müssen dabei ebenfalls kommuniziert werden wie Fakten aus den Bewertungsgrundlagen und allfälligen Annahmen. Schlussendlich muss organisatorisch auch mit „einer Zunge“ gesprochen werden, damit keine Verunsicherung aufgrund unterschiedlicher Interpretationen von präsentierten Informationen auftritt.

 

 

Dr Franz Fischer, MBA
cSPM, CRMA

Nach einem Betriebsinformatikstudium an der WU Wien kamen erfahrungsreiche Jahre im Vertrieb eines österreichischen Unternehmens in der Finanzdienstleistungsbranche. Danach folgten unterschiedliche Projekte in der Produktions-, der Finanz- und Versicherungsbranche, aber auch im öffentlichen Bereich.

Das Doktorat wurde thematisch im Risikomanagement an der WU Wien absolviert, der angeschlossene MBA Lehrgang war eine thematische Vertiefung für die Beratungstätigkeit in Bezug auf Risikokomanagement und andere Systeme. Zertifizierungen, die periodisch in den Managementsystemdisziplinen nachgewiesen werden müssen, runden das Profil ab.

Seit 1998 wurden die Beratungsaktivitäten systematisch um Moderations-, Konflikt- und Problemlösungskompetenzen erweitert. Das Spektrum der Beratung reicht von Projektmanagement über Prozess- und Risikomanagement bis zu den damit zusammenhängenden Soft Skills. Ein spezieller Fokus des Erfahrungsschatzes liegt im Umgang mit Methoden im Risikomanagement und dessen erfolgreicher Umsetzung.

Weitere Infos unter:
Dr Franz Fischer, MBA,
Managementberatung
https://fischer-consult.at/

 

Quellen:

 

Titelbild: Edgars Sermulis